Der Plan für meine Rückreise ließ sich aufgrund der verheerenden Naturkatastrophe und der darauf folgenden nuklearen so nicht mehr realisieren. Es ließ sich rein vom Gefühl her nicht vereinbaren, durch die Straßen und Geschäfte zu laufen, Sightseeing zu betreiben, und so zu tun als sei nichts passiert. Die unklare Nachrichtenlage führte zu Verunsicherung, danach dann zur Änderung meiner Pläne. Ich hatte eigentlich vor, vom Flughafen in Narita abzufliegen und vorher noch eine Woche in der Metropole zu verbringen, um gute Freunde noch einmal zu treffen und endlich wieder ins Stadtleben einzutauchen. Beides fehlte mir in Kanazawa auf Dauer mehr und mehr, auch wenn man japanisches und europäisches Ausgehverhalten nicht miteinander vergleichen kann und sollte. Auch der Besuch im riesigen Tower-Records fiel somit am Ende flach. Im Anbetracht der Tatsache, dass meinen Freunden während des Bebens nichts passiert ist, auch vollkommen egal.
Durch meinen Twitter-Account bin ich über Jake Adelstein, dem ich seit der Lektüre von “Tokyo Vice” im letzten Sommer auf Langkawi verfallen bin, auf das Projekt “Quakebook” aufmerksam geworden, auf das ich hier nur kurz verweisen möchte. Es ist eine Ansammlung von individuellen Geschichten Betroffener, sowie namenhafter Autoren. Es vereint Geschichten und Bilder, zeigt verschiedene Sichtweisen des Geschehens auf.
(http://quakebook.org/)
Was haben diese beiden Angelegenheiten nun hier vereint zu suchen, fragt ihr euch? Sie sollen zeigen, dass die immer noch in den Medien stattfindende Exotisierung Japans immer mehr zu hinterfragen ist. Es ist ein schönes, interessantes Land in Asien. – Zudem ist es jedoch auch ein technologisch hoch entwickeltes Industrieland und steht in Verantwortung, nicht nur seinen Bürgern, sondern auch der Weltgemeinschaft gegenüber. Meist wurde bis zum großen Beben die populärwissenschaftliche Ebene zitiert, die Pop-Kultur überrepräsentiert und die wurden spielerische Anteile der Technologie in den Vordergrund gehoben, was zusammengefügt auf ein Bild einer Art “Wunderland” in den Köpfen der meisten Menschen hinauslief. Meist dann auch durch Unkenntnis als “verwunderlich” attributiviert. Dass es vielerlei Missstände und soziale Problematiken, davon viele denen in Deutschland ähnelnd, gibt, wurde dadurch gern in den Hintergrund gedrängt oder komplett übergangen. Nun rutschte das Land durch das schlimme Beben wieder in den Mittelpunkt. “Nur Krisen, Kriege und Katastrophen”, so heißt das Buch, das mir dazu gerade einfiel. Ich bin wirklich auf die weitere Nachrichten-Karriere der Vorkommnisse, sowie der Konsequenzen der Ereignisse auf diversen Ebenen, gespannt.
Gesellschaftsbilder drücken sich heutzutage immer häufiger auf musikalischer Ebene aus. Das Medium des Musikvideos hat zum Glück trotz des inhaltlich fortwährenden Verfalls der Musiksender-Landschaft dank des Internets wieder einen neuen Zugang zum Publikum gefunden. Was könnte da nahe liegender sein als japanischen Hip-Hop wieder heranzuziehen, um Einrücke zu vermitteln? Auch hier wieder nur eine subjektive Auswahl von Videos, auf die ich auch nur durch Zufall gestoßen bin. Auch hier verstehe ich wieder nicht alles, schon gar nicht, wenn mir nicht auch die Texte vorliegen. Selbst dann würde ich die digitale Version bevorzugen. Doch oft sprechen auch die Bilder und der Rhythmus für sich, wie ich finde. Und diese bleiben definitiv im Kopf hängen hängen. Um diesen Beitrag hier optisch nicht in die Länge zu ziehen, kommen die Videos dann im nächsten.