Die Öffnungszeiten der meisten Geschäfte hier machen es möglich, dass man abends seine Zeit in Kaufhäusern und Großmärkten seine Zeit verbummeln kann, was auch gern von Jugendlichen genutzt wird, da hier sonst nicht so viel jenseits der Stadtmitte los ist. Auch Convenient-Stores werden gerne genutzt, so auch der, der in Nähe der Uni abends alle möglichen Variationen des japanischen Fastfoods bereit hält. Abgesehen von Studenten, die noch bei ihren Eltern leben, macht es Eindruck, als ob sich sonst alle anderen von den ungesunden Leckereien dort ernähren würden.
Gestern Abend war auch ich unterwegs, da ich in dieser Woche endlich meine Wohung hier beziehen kann. Unter anderem war ich einem Möbelhaus, wo ich mir vorletzte Woche schon ein Futon und ein Kopfkissen gekauft hatte. Das sollte vermeintlich seinen Platz in einer der Unterkünfte finden, die mir die Uni aufgrund des Preises schmackhaft machen wollte. Einer der Kollegen aus der Etage über mir schwärmte quasi davon und fuhr netterweise mit mir zuerst zum Möbelladen und danach dann in diese Siedlung. Es war dunkel, regnete und vermittelte schon den Eindruck, der im nächsten Jahr anstehenden Regenzeit. Vor der Wohnung in der ersten Etage warnte er mich, aber als ich sie dann ein paar Tage später sah, wusste ich auch, dass diese Warnung wohl eher noch positiv zu werten war. Er selbst nutzt seine Bude nur 1-2 Mal die Woche wenn er abends Unterricht geben muss, da er sonst bei seiner Familie ist, die etwas weiter entfernt wohnt. Letztendlich konnte mich die Summe von umgerechnet 90,- Euro pro Monat nicht überzeugen, in eine marode und vor sich hinrottende Siedlung aus den ’60ern zu ziehen, die auch seitdem nie wieder irgendeine Art der Modernisierung oder Renovierung erfahren hat. Die Zimmer im unteren Bereich rochen nach modernden Tatami-Matten und Schimmel, Mäusekot war auf den Fensterrahmen zu sehen und diverse Insektenkörper wollten entfernt werden. Ohne übertreiben zu wollen, hier hilft nur die Abrissbirne, was auch jedem Laien auffallen würde.
Naja, meine neue Wohnung ist zum Glück nicht dort und nicht ansatzweise so, aber halt auch arg japanisch. Aber die Miete ist OK, zumal es seitens der Uni einen Mietzuschuss geben soll. Provision musste ich nicht zahlen, lediglich Kaution und die erste Miete, was aber auch in die Bresche schlägt, da das erste Gehalt erst Mitte November kommen wird. Zurzeit gehe ich nur in Vorkasse, was schon in der Vorbereitungsphase für den Aufenthalt so war, und nun sind als nächstes Waschmaschine, ein Bett, diverse Kleinigkeiten und ein Fahrrad dran.
Vorbereitend habe ich einen Holzfedergliedergelenkmaßstab, im gemeinen Volksmund auch als Zollstock bekannt, in einem selbstbetitelten Home-Center gesucht, das Urban und anderen Schnickschnackshops der Gegenwart sehr ähnelt. Als ich dann mir meinem elektronischen Wörterbuch bewaffnet eine Weile vergebens suchte, fand ich endlich einen Ansprechpartner und wurde daraufhin in den Gang mit vielerlei Messgerätschaften geführt, wo ich nicht schlecht staunte. Fast doppelt so groß und in Papier und Plastik verpackt, wurde mir ein Ein-Meter-Zollstock feierlich überreicht, der 898 Yen kostete. Es hätte nur noch dieses Obi-Maskottchen durch die Gänge hoppeln müssen, ich hätte es für einen hämischen Werbespot gehalten. Aber man soll die Messlatte ja auch nicht zu hoch anlegen…
2 responses to “Holzfedergliedergelenkmaßstab”
90 Euro für eine Unterkunft kann ja echt nichts sein, aber dass die dann auch noch angeboten werden ist ja eigentlich schon frech, oder? Schauen diejenigen, die für diese Blöcke zuständig sind und vermitteln denn gar nicht mal in die Wohnungen?
Es ist direkt ein Fahrrad geworden, ohne dass ich sonst auch früher schon zum Berserker geworden wäre. Waschmaschine habe ich mir “gespart”, es befindet sich ein Waschsalon mit Trocknern relativ in der Nähe. Im Winter trocknet hier in den Butzen nichts, da weder Isolierung noch gescheite Heizsysteme vorhanden sind. Ein Bett wäre echt angebracht, aber ich habe bisher nur scheussliche Varianten gesehen. Betten sind immer noch zu westlich und nehmen Raum ein, Matrazenläden wie bei uns an jeder Ecke gibt es nicht, Lattenroste sind noch schwieriger zu finden. Doch ein Futon ist auf Dauer echt nicht gut für meinen Schlaf und Rücken, zumal es im wahrsten Sinne des Wortes arschkalt wird und der Heizteppich keine gesunde Lösung darstellt.